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„Wer ist denn hier schuld“

Lebenswert Blog

„Wer ist denn hier schuld“

Manchmal ist es heute noch ähnlich wie zu Königs Zeiten:
Der Überbringer der schlechten Nachricht wird geköpft.
Schade nur, wenn das gerade einer der Menschen ist, die uns nahestehen.

Da hat man eine Menge zu tun und kann gar nicht sagen, wo einem der Kopf steht. Dann kommt auch noch der (Geschäfts- oder Lebens-) Partner und weißt auf eine dringende Aufgabe hin.
Da platzt der Kragen:
„Soll ich daß jetzt auch noch machen? Wie denkst Du Dir das denn? Ich kann doch nicht zaubern! Siehst Du nicht, daß ich schon völlig fertig bin?“

Als wäre der Partner dafür verantwortlich, daß man selbst unter Druck steht. Als würde er einen mit Mutwillen zum Zusammenbrechen bringen wollen. – Das sind Unterstellungen, die Partnerschaft beeinträchtigen ja sogar zerstören können.

Meist ist das Interesse von Partnern gute Zusammenarbeit oder ein schönes gemeinsames Leben. Doch in Drucksituationen findet das keine Beachtung. Der Druck ist da und muß raus!

Kann man dem vorbeugen?

Ja! Man kann die Verantwortung für die eigene Stimmung übernehmen. Wer sich so unter Druck bringt oder bringen läßt, daß er platzt, hat es verpaßt, beizeiten für Streßabbau zu sorgen. Er macht sich selbst und anderen vielleicht vor, er würde viel mehr Belastung tragen können, als er wirklich verträgt.

Und wer soll wissen, wer wann wieviel verträgt? Das kann man nur selbst spüren!

Verschärfend kommt noch eine Opfermentalität dazu. Astrid von Friesen hat für eines Ihrer Bücher (zum Thema Feminismus) einen dazu passenden Titel gewählt: Schuld sind immer die anderen .

Warum schieben wir eigentlich so gern die Schuld in die Schuhe der Anderen?

Wer schuld ist, muß etwas tun. Wer Opfer ist, kann auf die Wiedergutmachung warten, muß nichts tun und sich nicht verändern.

Sprechen wir doch einmal nicht von Schuld, sondern von Verantwortung:
Wer hat die Verantwortung dafür, daß ich Druck erlebe, wenn die Frist für einen Bericht, den ich vor Monaten zusagte, gestern abgelaufen ist? Derjenige, der mich nach dem Bericht fragt oder ich selbst. Ich selbst habe den Bericht zugesagt. Ich selbst habe nicht um Terminverlängerung gebeten, vielleicht weil ich es verpaßt habe.

Wer hat die Verantwortung dafür, daß ich bei meinen Entscheidungen nicht allein den beruflichen Notwendigkeiten folgen kann, wenn ein Kind aus einer vergangenen Beziehung bei mir lebt? Der andere Elternteil des Kindes, ich selbst, der Staat, die Unternehmen?

Sicher: Wenn alle Anderen sich anders verhalten hätten, ginge es mir anders. Wenn ich mich selbst anders verhalten hätte (oder verhalte) allerdings auch.

Wo ist der beste Ansatzpunkt?

Da ich Andere nur sehr indirekt beeinflussen kann, habe ich beschlossen, mich auf meinen Teil der Verantwortung zu konzentrieren. Das setzt Kräfte und Ideen zur (positiven) Veränderung frei, hat allerdings einen Nachteil: Es nimmt mir die Möglichkeit, anzunehmen, ich wäre besser als die „bösen“ Anderen.

Warum ich das schreibe?
Gestern habe ich einen Gesprächsfetzen aufgeschnappt:
„Manchmal ist es im Leben einfach schwer und schwierig – ohne das ein anderer daran Schuld ist!“

Wer den Glauben aufgibt, an der eigenen schwierigen (Stimmungs-) Lage müssten doch andere Schuld sein, hat einen großen Schritt in Richtung Selbstverantwortung zurückgelegt und gute Chancen, eine Situation in eine gewünschte Richtung zu ändern.

Das Ganze hat allerdings einen Preis: Man muß selbst etwas tun!
Wofür geben Sie Anderen die Verantwortung?