Motivation: „Ich möchte, dass Du tust, was ich will!“
Kennen Sie das? – Da will man jemanden zu etwas motivieren, natürlich mit den besten Absichten, und es gelingt nicht! Im schlimmsten Fall geht das Ganze nach hinten los – der Mensch ist weniger motiviert als zuvor.
Oder ist Ihnen die andere eher Seite bekannt: Da wollte Sie jemand zu etwas motivieren – Ihr Chef, Ihr Mann, Ihre Frau oder ein Freund und Sie spürten: Je mehr er oder sie es versucht: Das törnt nur ab! Das bißchen Bereitschaft, das vielleicht da war, löst sich immer weiter auf und schlägt bald gar in Gereiztheit um.
Was läuft da falsch? „Wo ich doch das Beste für meinen Gegenüber will! Er versteht es bloß noch nicht!“
Im Gesprächsführungskurs am DISA im Januar war genau das Thema: „Motivationsgespräche“.
Um Motivationsgespräche und Motivationsprozesse (nicht immer reicht ein Gespräch) gut gestalten zu können, ist es sinnvoll, zuerst den Prozess des Motivierens unter die Lupe zu nehmen.
Was ist mit „motivieren“ gemeint?
Da will jemand, dass ein Anderer etwas tut oder lässt, also dass er sich auf bestimmte Weise verhält.
Es geht letztendlich um konkrete Handlungen, um Verhalten.
Der Tenor eines Motivationsversuches ist:
„Ich möchte, das Du tust, was ich will!“
Ob ich das aus Eigennutz will oder weil ich meine, es sei für Dich besser, ist erst einmal gleichgültig. Im Augenblick möchte ich, das Du tust, was ich will. (das Wort „will“ steht hier auch für „für richtig halte“, „sinnvoll finde“ usw.)
Wenn zum Beispiel eine Mutter…
…ihr Kind motivieren möchte, seine Hausaufgaben gut zu erledigen, weil sie meint, dass es dann eine besser Zukunft hätte, ist das in den Augen der Mutter sicher richtig und sinnvoll. Jedoch die Verknüpfung von Hausaufgaben und guter Zukunft ist ein Zusammenhang, der im Kopf der Mutter existiert. Nicht unbedingt im Kopf des Kindes. Und selbst wenn das Kind dieselbe Ansicht hätte, könnte es sein, dass es meint, im Augenblick sei aber das augenblickliche Wohlgefühl beim Spielen viel wichtiger, als irgendeine ferne Zukunft.
Die Mutter will, dass das Kind seine Hausaufgaben ordentlich erledigt, weil das in ihr Bild von der Welt passt und Ihren Werten entspricht.
Das kann beim Kind ganz anders sein – und oft ist es das auch.
Nun gibt es mehrere Möglichkeiten:
1. Die Mutter kann versuchen, das Kind so zu beeinflussen, dass es sein Wertesystem und sein Weltbild an ihres anpasst. Dann wäre auch dem Kind klar, dass es nur eine Möglichkeit gibt: Hausaufgaben erledigen. Diese Vorgehensweise ist allerdings sehr langwierig und wahrscheinlich für das Kind nicht wirklich förderlich. (Wie wird es wohl einem Kind gehen, dass mit dem Weltbild eines Erwachsenen herumläuft?)
2. Die Mutter könnte versuchen, die gewünschte Handlung attraktiver zu machen.
Diese Idee ist schon besser, wenn die Mutter Eines beachtet: „Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“ – Die Handlung „Hausaufgaben erledigen“ muss verknüpft werden mit etwas, das für das Kind attraktiv ist (Achtung: „attraktiv“ meint hier nicht nur „schön“, „nett“ oder „angenehm“ sondern auch „einleuchtend“, „sinnvoll“, „richtig“ usw.).
Dabei interessieren nicht die Gründe, die die Mutter überzeugend findet, sondern es zählt nur, was aus Sicht des Kindes überzeugend ist.
Dabei könnte der Mutter folgende Frage helfen:
„Wo ist eine Stelle an der es für mein Kind attraktiv wird, das zu tun?“
Die daraus entstehenden Lösungen können reichen von „Danach gibt es ein leckeres Eis.“ bis „Du willst doch auch mal so umjubelt werden, wie Dein geliebter Popstar.“.
Das heißt:
- Beim Motivieren geht es nicht darum, Weltbilder, Ansichten oder Wertesysteme miteinander zu teilen oder anzugleichen. Motivationsvorhaben mit diesem Anspruch scheitern oft.
- Es geht um (konkrete) Handlungen.
- Dem zu Motivierenden muss es „einleuchten“, für ihn „sinnvoll sein „, „etwas bringen“ kurz: Die Handlung muss mit seinem Weltbild und seinem Wertesystem so verknüpft sein, dass es für ihn/sie schlüssig ist, zu handeln.
Die frohe Botschaft
So wenig erfolgreich es oft ist, das Weltbild und das Wertesystem eines Gegenüber zu ändern, so gut kann es gelingen, daran zu arbeiten, dass die Handlung auf nützliche Weise mit dem bestehenden Wertesystem verknüpft wird.
Suchen Sie Antworten auf diese Fragen:
„Was könnte den Anderen zu dieser Handlung veranlassen?“
und wieder
„Wo ist eine Stelle an der es für sie/ihn attraktiv wird, das zu tun?“
„Wie müsste aus seiner Sicht die Verbindung zur Handlung aussehen, dass die Handlung aus dieser Sicht folgerichtig ist?“
Doch Achtung
Sicher kennt mancher von Ihnen den Typ Chef, der mit Druck hantiert oder Werbung die an niedere Instinkte apelliert wie Angst oder Gier. Auch damit funktioniert Motivation – für besonders nachhaltig halte ich das allerdings nicht. Das funktioniert nur dauerhaft, wenn man immer wieder nachlegt und schlägt auch schnell ins Gegenteil um.
Wenn Sie jemanden motivieren wollen nutzen Sie am Besten die Frage:
„Wo ist eine Stelle an der es für sie/ihn attraktiv wird, das zu tun?“
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
PS: Motivation im guten Sinne und übergriffige Manipulation unterscheiden sich von der Methode her kaum – prüfen Sie deshalb immer Ihre eigenen Gründe und zuallererst gestehen Sie sich ein: „Ich möchte hier, das der Andere tut, was ich will, weil es mir günstig erscheint – ob und wie es für ihn günstig ist, kann ich nicht wirklich wissen.“