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Kann man Krisen lieben?

Lebenswert Blog

Kann man Krisen lieben?

Krisen sind unmodern, abgesehen vielleicht von der Finanzkrise.
In einer Krise zu sein ist oft mit Scham besetzt, hat den Beigeschmack von Versagen und wird kaum offen thematisiert.
Liegt dies daran, dass in unserer Gesellschaft immer noch der Gedanke herrscht, alles wäre machbar und wer das nicht schafft, ist selbst schuld?

Dabei sind Krisen normal. Jeder Mensch erlebt sie. Das wissen nicht nur Coaches, sondern auch Psychotherapeuten, Ärzte, Pfarrer, Sozialarbeiter und andere, die mit Menschen arbeiten. Doch leider sieht man einem Menschen die Krise nicht an. Dadurch entsteht leicht der Eindruck: „Allen geht es gut, nur mir nicht.“

Aber muss es uns mit einer Krise überhaupt schlecht gehen?

Hier nur von den chinesischen Schriftzeichen zu schreiben, welches Krise und Chance zugleich heißen soll, wäre mir zu einfach.

Nach meiner Ansicht sind Krisen vor allem eines: Entscheidungssituationen. Entscheidungssituationen an einem Wendepunkt. Eine Entscheidungssituation zwischen zunächst ungeliebten Alternativen. Es geht nicht mehr so weiter wie bisher. Etwas Neues muss her. Neues ist immer unsicher und macht auch Angst. Solange keine Entscheidung fällt, dauert die Krise an.

Geschäftlich zum Beispiel: “ Ich bin jetzt mehrere Jahre im Geschäft. Jetzt läuft es nicht mehr. Die Alternative, die ich sehe (offensiver verkaufen, mein Geschäft schließen) möchte ich alle nicht. Was nun?“

Oder persönlich: „Wir leben jetzt seit 12 Jahren zusammen. Wir haben uns beide verändert. So wie bisher geht es nicht mehr weiter. Trennen möchten wir uns nicht. Und jetzt?“

Krisen berühren etwas tief in uns

Ein Außenstehender hätte vielleicht noch andere Handlungsalternativen parat (einen Vertriebsmitarbeiter einstellen oder eine neue Form der Partnerschaft leben) und hätte sich längst entschieden. Für den in der Krise steckenden ist das offenbar nicht so leicht. Warum? Weil es nicht nur um Alltagsentscheidungen geht. In Krisen geht es oft um Entscheidungen die tiefere Themen berühren: unser Wertesystem, Herzensangelegenheiten und Lebenseinstellungen, die uns wichtig sind.

Krisen stellen etwas infrage, was uns tief betrifft.
Das hat etwas von Chaos, das macht Angst und das bringt uns weiter.

Was kann man in einer Krise tun?

Zuallererst: Sich der Krise stellen. Anerkennen, dass man nicht mehr weiterkommt, mit dem, was man bisher getan hat und als Lösungsmöglichkeiten kennt.
Das klingt vielleicht leicht. Ist nach meiner Erfahrung jedoch der schwerste Schritt!

Und dann wie in jeder Entscheidungssituation: Nach neuen Alternativen suchen.
Neben der Unterstützung und dem Rat von Außenstehenden, ist dabei der offene und unvoreingenommene Blick nach innen enorm hilfreich.

Wer dann letztendlich seine (innerlich) fundierte Entscheidung getroffen hat, hat den tiefsten Punkt der Krise schon hinter sich.

Wieso ziehen sich manche Krisen so lange in?

1. Man entscheidet sich nicht, schafft auch keine zusätzlichen Alternativen, zieht dadurch die Situation hinaus oder rutscht noch tiefer hinein.

2. Man entscheidet zu schnell, oft um die wirkliche Veränderung, zu der die Krise aufruft, zu vermeiden.
Bei den oben genannten Beispielen könnte das sein: Man möchte den Glauben behalten, verkaufen sei schlecht. Oder man möchte sein Bild nicht ändern, wie eine funktionierende Partnerschaft aussehen muß. „Alles was anders aussieht, kann nicht wertvoll sein. Da ist Trennung besser.“
Wer zu schnell und zu oberflächlich entscheidet, um nur schnell aus der Krise herauszukommen, stolpert oft direkt in die nächste hinein.

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Ob man Krisen liebt

…ist sicher Geschmackssache.
Die Krise selbst fühlt sich ja eher unangenehm an.
Wer die Krise allerdings bereits mit dem verbindet, was daraus entsteht: Etwas Neues und in der Regel Besseres, kann sie vielleicht wenigstens etwas sympathisch finden.

Was meinen SIe dazu?