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Die Kraft kommt durch die Wurzeln – Als Ausländer in Deutschland beruflich erfolgreich

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Die Kraft kommt durch die Wurzeln – Als Ausländer in Deutschland beruflich erfolgreich

Er hat eine beachtenswerte Karriere hingelegt. Nach nur drei Jahren ist er schon Bereichsleiter mit Verantwortung für über 50 Mitarbeiter. Und er will weiter. Doch er fühlt sich auf einmal irgendwie gebremst.

An den Kollegen und an seinen Chefs liege es nicht. „Ich bekomme mit, dass ich mich selbst manchmal komisch verhalten. Am Biss fehlt es mir nicht. Aber irgendwie bremse ich mich in Schlüsselsituationen selbst aus.“

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Im Coaching-Gespräch kommen wir dann auf seine Herkunft: Das Heimatland, dass er schon lange nicht mehr besucht hat; seinen Vater, den kleinen schüchternen Bahnmitarbeiter; die Großfamilie, alles nette einfache Leute mit geringem Bildungsgrad.

Ja, da hat er es schon weit gebracht! Schon damals daheim war er nach der Grenzöffnung der Erste im Bezirk, der von einer ausländischen Bank einen fünfstelligen Dollar-Kredit bekam. Und dann, mit der zweiten Frau im reichen Ausland, ging es nur bergauf weiter. Die Familie ist stolz auf ihn! Das weiß er, obwohl er sie schon lange nicht mehr gesehen hat.

Eigentlich könnte es so weitergehen. Das Zeug dazu hat er. Auch die Ausbildung stimmt. Was ist da jetzt nur los?

Schon als er in unserem Gespräch begann über seine Familie und sein Land zu sprechen, sah ich, wie er auflebte. Da war Energie zu spüren! Da war Kraft! Allerdings sagte er auch, dass seine Eltern wohl auch Angst um ihn hätten, bei allem Stolz. Mit so viel Geld hatte noch nie einer von ihnen hantiert. Soweit war noch nie einer aufgestiegen. Ist das nicht gefährlich?

Als er davon sprach wurde er nachdenklich. Da war sie auf dem Tisch, die Ambivalenz, das Hin-und-her-gerissen-sein, das Gas-geben-und-bremsen.

Natürlich. Er ist gut in seinem Beruf. Er kann weiter und er will weiter. Aber ein Teil von ihm weiß auch, dass seine Familie sich Sorgen um ihn macht. Ein Teil in ihm hat gelernt: „Die da oben gehören nicht zu uns. Wir sind kleine Leute.“

„Ja, da komme ich her!“ sagte er nachdenklich. „Eigentlich bin ich ja nach Deutschland gekommen um meine Vergangenheit hinter mir zu lassen. Ich wollte nicht mehr an die schwierige Zeit meiner ersten Ehe erinnert werden. Deswegen war ich in den letzten Jahren auch nie wieder zuhause.“

Und nach einer Weile meinte er:“Das gehört zu mir. Wissen Sie, ich spüre das sofort. Ich sitze jetzt hier viel fester auf meinem Stuhl.“

Im Coaching-Gespräch haben wir dann daran gearbeitet, wie er im Alltag weitermachen kann. Wir haben noch einen Onkel entdeckt, mit dem er als Kind sehr gern zusammen war und der ebenfalls familienuntypisch beruflich aufgestiegen ist. Er plant eine Reise in sein Heimatland. Für die nächste Zeit wird er Fotos seiner Familie und dieses Onkels in seinem Haus aufhängen. Einmal im Monat will er seine neue Familie in Deutschland so bekochen, wie es in seiner Heimat üblich ist.

Kurz gesagt: Er will, trotz der schwierigen Erinnerungen, den Kontakt zu seinen Wurzeln wieder aufnehmen. Konkrete Handlungsmöglichkeiten im Kontakt mit Kollegen und Chefs besprachen wir ebenfalls.

Etwa drei Wochen nach unserem Gespräch rief er an, bedankte sich noch einmal und berichtete, das er gut voran käme. Es habe schon erste Gespräche für seinen weiteren Weg gegeben.

„Ich melde mich wieder! Ich würde auf meinem Weg gern ihre Begleitung weiter nutzen.“ sagte er noch.

Die Kraft kommt durch die Wurzeln

Die Herkunftsfamilie mit ihrem Stand und ihrer Tradition, die Heimatstadt oder das Heimatland, kurz: Der Boden aus dem wir kommen, beherbergt unsere wichtigsten und ältesten Wurzeln. Auch wenn wir in neuem Land neue Wurzeln schlagen: Die kräftigsten, die leistungsfähigsten sind meist an diesen Stellen. Wenn wir versuchen auf sie zu verzichten, büßen wir viel Lebenskraft ein.

Natürlich, manchmal haben wir gute Gründe uns unsere Wurzeln abzukneifen: Schmerzliche Erinnerungen zum Beispiel. Und manchmal denken wir einfach nicht an sie und verlieren sie aus Nachlässigkeit. Der Preis dafür ist hoch. Wie hoch, spürt man oft erst dann, wenn man den Kontakt zu diesen Wurzeln wiederhergestellt hat.